Tipps zu Aufsätzen 4 9. Jahrgangsstufe 4 Erschließung von literarischen Texten 4 Vorgehensweise

 

  Erschließung von literarischen Texten - Vorgehensweise
   
  Damit du einen literarischen Text möglichst präzise erschließen kannst, bedarf es einiges an Vorarbeit. Du solltest dich vorher genau mit dem Text auseinandersetzen, seinen gedanklichen Aufbau und den Handlungsverlauf verstehen und auf verschiedene Kriterien hin untersuchen. Diese Kriterien hängen natürlich immer jeweils von der Aufgabenstellung ab.
   
  Der erste Schritt besteht darin, dir den Text aufmerksam und möglichst mehrmals durchzulesen. Dabei kannst du dir bestimmt schon ein Bild davon machen, um was es in dem Text überhaupt geht. Unbekannte Begriffe solltest du gleich versuchen, zu klären.
   
    Tipp 1: Überlege, ob du sie dir durch den inhaltlichen Zusammenhang erschließen kannst.
    Tipp 2: Schlage in Wörterbüchern, Lexika oder Duden nach, sofern du diese verwenden darfst.
    Tipp 3: Bei langen schwierigen Sätzen ist es einfacher, diese zu zerlegen.
       
  Werde dir über den Handlungsverlauf im Klaren. Wie ist der zeitliche Ablauf im Text?
       
  Nun versuchst du zuerst, den Inhalt des Textes möglichst genau zu erfassen.
       
  Damit du einen besseren Überblick bekommst, lohnt es sich, den Text in inhaltliche Sinnabschnitte (Erzählschritte) zu gliedern und abschnittweise zusammenzufassen. Um diese Abschnitte herauszufinden, markierst du die Stellen im Text, die inhaltlich zusammengehören. Nun suchst du die wesentlichen Einzelheiten der Abschnitte heraus, indem du die wichtigsten Textstellen und Schlüsselwörter unterstreichst. Für diese Informationen notierst du jetzt kurze Sätze oder Stichworte, die den Inhalt zusammenfassen. Bedenke dabei immer, dass alles in einem logischen Zusammenhang gesetzt werden muss und als Ganzes dargestellt wird.
       
  Hast du einen längeren Text vor dir liegen, kannst du die Erzählschritte auch in mehreren Sätzen zusammenfassen. Eine zu detaillierte Unterteilung solltest du vermeiden.
         
  Wenn du dir nicht sicher bist, wann ein neuer Erzählschritt einsetzt, lasse dich von einigen Fragen leiten, deren Antwort meistens einen neuen Abschnitt symbolisiert:
    Wo lassen sich im Text Absätze erkennen?
    Wo findet ein Ortswechsel statt?
    Wo treten neue Personen auf oder wo verschwinden bereits Bekannte?
    Wo wechseln die Tätigkeiten der Personen?
         
  Tipp: Denke dir zu dem Geschehen eine Bildergeschichte aus. Somit kannst du dir den Text visuell vorstellen.
   
  Untersuche das Geschehene auf seine Ursachen, also was dazu geführt hat und auf die Folgen, die daraus resultieren.
   
  Untersuchung der Figuren und Figurenkonstellation
     
    Werde dir über die beteiligten Personen des Textes und deren Verhältnisse zueinander im Klaren. Dazu solltest du dir die äußere und innere Handlung hinsichtlich der Personen erarbeiten.
     
    Zur äußeren Handlung zählt, dass du den Ort, die Zeit, die Situation und die Lebensumstände der Person untersuchst. Wie wird die Person in die Geschichte eingeführt? Welches Verhalten weist sie hierbei auf?
     
    Bei der inneren Handlung geht es nun um die Untersuchung der Gedanken und Gefühle dieser Person. Welche Charaktermerkmale werden während des Handlungsverlaufs dargestellt? Wie denken die Personen übereinander und welches Verhältnis pflegen sie zueinander?
     
  Erzählform und Erzählverhalten
     
    Überlege dir, welche Erzählform und welches Erzählverhalten in dem Text gewählt wird, das heißt, von welcher Sicht aus der Leser das Geschehen miterlebt.
    auktoriale Erzählform: der Erzähler ist allwissend, besitzt eine olympische Position (er weiß über Gedanken und Gefühle aller Personen Bescheid, benutzt Vorgriffe und Rückblenden usw...)
    personale Erzählform: man erfährt das Geschehene aus Sicht einer bestimmen in der Geschichte verwickelten Person
         
    Ich-Erzähler (Ich-Form): die Person, die an der Geschichte beteiligt ist, erzählt diese auch (subjektive Ansichten)
     
    Er-Erzähler (Er-Form): die Geschichte wird von einem Außenstehenden erzählt (objektive Ansichten)
     
  Zeitbehandlung
         
    Bei der Untersuchung der Zeitbehandlung kann man zunächst zwei Zeiten unterscheiden:
    die Erzählzeit: die Zeit, die gebraucht wird, um die Geschichte zu erzählen / zu lesen
    die erzählte Zeit: die Zeit, die in der Geschichte geschildert wird, über die sich das Geschehene erstreckt
         
    Es gibt verschiedene gestalterische Mittel, die für die Zeitbehandlung eingesetzt werden können:
    erzählte Zeit > Erzählzeit = Zeitraffung: wird benutzt, um etwas zusammenzufassen / zu verkürzen oder zur Überleitung zu einem relevanten Ereignis; der Leser soll nur einen kurzen Überblick bekommen
    erzählte Zeit = Erzählzeit = Zeitdeckung: tritt ein, wenn die Erzählzeit und die erzählte Zeit größtenteils übereinstimmen; dies geschieht häufig bei Dialogen oder wörtlicher Rede
    erzählte Zeit < Erzählzeit = Zeitdehnung: die Zeit, die zum Erzählen der erzählten Zeit gebraucht wird, ist weitaus länger; dient dem Leser dazu, das Geschehene ausführlich mitzuerleben und das Innenleben der Person genau zu erfahren (Gedankendarstellung)
         
  Analyse von Orts- und Situationsbeschreibungen
         
    Häufig spielen der Ort und die Situation in einem literarischen Text eine wichtige Rolle. Sie können die Gefühle und Stimmungen der Personen widerspiegeln oder einen Kontrast zur Atmosphäre herstellen.
         
    Achte also auch auf diese Kriterien:
    An welchem Ort spielt die Geschichte?
    Was für eine Situation liegt vor?
    Welche Stimmungen werden erzeugt? (düstere Verben etc.)
    Gibt es Hinweise auf bestimmte Wertungen?
    In welchem Verhältnis stehen Ort und Situation mit den Gefühlen und Stimmungen der Personen?
         
  Beschreiben und Beurteilen der sprachlichen Darstellungsweise
         
    Untersuche die sprachliche Darstellungsweise, die in dem Text verwendet wird. Vergiss nicht, auch die Wirkung dieser Besonderheiten auf den Leser zu beschreiben.
         
    Folgende Punkte solltest du dabei beachten:
         
    Satzbau: Welche Satzbauart ist überwiegend zu erkennen?
      Kommen überwiegend Hauptsätze vor? (parataktischer Satzbau)
      Kommen überwiegend Zusammensetzungen aus Haupt- und Nebensätzen vor? (hypotaktischer Satzbau)
      Welche Art von Sätzen fällt besonders auf? Werden viele Fragesätze oder Befehlssätze verwendet?
      Welche Länge weisen die Sätze durchschnittlich auf? Sind sie eher lang oder kurz?
         
    Wortwahl: Welche Besonderheiten lassen sich bei der Wortwahl feststellen?
      Werden viele Verben, Nomen oder Adjektive aus demselben Bereich / Wortfeld verwendet?
      Kann man viele ausschmückende oder wertende Adjektive finden?
      Enthält der Text Fremdwörter?
      Gibt es viele Fachbegriffe oder spezielle Ausdrücke?
      Tauchen viele umgangssprachliche oder altertümliche Wörter auf?
         
    Sprachebene: Welcher Sprachstil wird vorwiegend gebraucht?
      sachlich
      ausschmückend
      Standardsprache
      Umgangssprache
      Jugendsprache
      Fachsprache
      gebildet
         
    Rhetorische Stilmittel: Sind im Text rhetorische Figuren zu finden?
      Benutzt der Autor Übertreibungen?
      Benutzt er Wiederholungen (Repetitio)?
      Lässt sich eine Ironie feststellen?
      Werden Gegenüberstellungen verwendet (Antithesen)?
      Sind rhetorische Fragen vorhanden?
         
  Auf welche rhetorischen Mittel du den Text noch untersuchen kannst, erfährst du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_rhetorischer_Figuren
         
  Textsorten
         
    Bei dem vorliegenden literarischen Text kann es sich um verschiedene Textsorten handeln. Deshalb musst du herausfinden und erläutern, mit was für einer Sorte du dich hier beschäftigst.
         
    Dabei handelt es sich meistens um eine der folgenden Textsorten:
         
    Kurzgeschichte:
      Eine Kurzgeschichte erkennst du daran, dass sie meistens knapp erzählt wird und in einem Akt zu lesen ist. Ein alltäglicher Ausschnitt wird gezeigt und man wird sofort in das Geschehen eingeblendet. Die Handlung steigt zu einem Höhe- oder Wendepunkt und der Schluss bleibt meistens offen.
       
    Roman:
      Einen Roman erkennst du daran, dass er meistens in längerer Form als alle anderen Gattungen geschrieben ist. Er behandelt die Handlung oft komplex.
       
    Novelle:
      Eine Novelle erkennst du daran, dass sie meistens eine straffe Form enthält und von einem realen oder zumindest vorstellbaren Ereignis erzählt. Oft wird die Handlung in einem Rahmen erzählt und im Mittelpunkt steht ein Konflikt.
       
    Erzählung:
      Eine Erzählung erkennst du daran, dass sie meistens einen geringeren Umfang besitzt, eine freiere Form aufweist und nicht übermäßig viele Personen auftreten. Die Handlung wird ausführlich geschildert und behandelt ein reales Ereignis.
       
    Parabel:
      Eine Parabel erkennst du daran, dass sie meistens knapp erzählt wird und ein Gleichnis beinhaltet. Dem Leser soll das Geschehen verdeutlicht werden, sodass er anschließend seine Lehre daraus ziehen kann.
       
    Fabel:
      Eine Fabel erkennst du daran, dass sie meistens knapp erzählt wird und den Leser belehren will, am Schluss also oft eine Moral bereithält. Die Figuren einer Fabel sind sehr oft Tiere, die sich aber wie Menschen verhalten und auch menschliche Eigenschaften besitzen.